Die Masurische Biene

Mitteilungen der Genealogischen Arbeitsgemeinschaft Neidenburg. Ortelsburg und benachbarter Kirchspiele, koordiniert von Martin Jend, Martin Hennig, Reinhard Kayss und Bernhard Maxin, Am Alten Berg 1, 64342 Seeheim-Malchen
Folge 8 / März 1999

An die Freunde der GeAGNO

Rückblick

Forschungsprojekte im südlichen Ostpreußen führen fortlaufend zu Überprüfungen konzeptioneller Fragen und Dispositionen. Anfragen veranlaßten uns, von Anfang Januar bis Mitte März darüber nachzudenken, wie nach dem "Rohbau" der HED_AGNO nun der innere Ausbau vorzunehmen sei. Seit 1983 fanden weit über einhundert Arbeits- und Beratungstreffen allein in Malchen statt. Es wurden nicht nur die Erfahrungen zahlreicher Forscherfreunde der letzten Jahre zusammengefaßt, diskutiert und im Blick auf die masurische Quellenlage schrittweise konkretisiert, sondern auch die Tätigkeiten derer bedacht, die sich davor mit familiengeschichtlichen Forschungen seit etwa 1925 befaßten und in mehreren Fällen beachtenswerte Niederschriften hinterlassen haben.

Zu unseren Reflektion gehörte es, sich außerdem mit den Intentionen der Kreisgemeinschaften näher auseinanderzusetzen und Gemeinsamkeiten abzustimmen, die zunächst unter dem Stichwort "Impulse für Forschungen" und neuerdings unter "Wegzeichen der GeAGNO" in deren Heimatbriefen erscheinen und Beachtung aller Vorfahrenforscher verdienen. Dort läßt sich nachlesen, wie wir vorgingen und die schwierige Materie in den Griff zu bekommen versuchten - bis hin zu den Möglichkeiten und Grenzen der Genealogie im Internet, wo inzwischen überarbeitete Informationen mit Literaturhinweisen für die genannten Kreise vorliegen. Gleichzeitig konnte eine Komplettierung der Kirchenbuchunterlagen für rund 25 Kirchspieleinheiten bei der Deutschen Zentralstelle für Genealogie (DZfG) in Leipzig vorgenommen werden. Die Spuren vieler Namensträger führten uns vor allem in benachbarte westliche und östliche Regionen, so daß wir unser Forschungsfeld entsprechend erweitert haben. Grundsätzlich bleibt es aber bei zwei Datenbankverwaltern: Reinhard Kayss für Neidenburg und Martin Jend für Ortelsburg, wobei Martin Hennig als EDV-Experte spezielle Aufgaben übernommen hat. Bearbeiter (im Sinne von Kirchenbuchübertragung) sind nach wie vor - wie bekannt - in mehreren Kirchspielen tätig.

Empfehlenswerte Literatur

Wir haben leider erst im Oktober letzten Jahres davon erfahren, daß die Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung 1995 ein hilfreiches Heft unter dem Titel "Polen und Deutschland - Nachbarn in Europa" veröffentlichte. Es bietet auf 140 Seiten recht Beachtenswertes zur Konfliktgeschichte von Deutschen und Polen bis zur Gegenwart in neun Abschnitten an. Da es z.Zt. vergriffen ist, weisen wir auf die Bestellmöglichkeit über die Fernleihe hin.

Vor zwei Jahren (s. Folge 3) wurde u.a. auf die ersten beiden Handbücher der Geschichte Ost- und Westpreußens (im Auftrag der Historischen Kommission ... ), Teil I/1 und Teil II/2 aufmerksam gemacht. Auch die beiden nachfolgenden Werke enthalten Zusammenfassungen mit Literaturübersichten. Sie wurden im Verlag Nordostdeutsches Kulturwerk Lüneburg wieder von Opgenorth, Ernst, herausgegeben (1998), und zwar Teil III: Von der Reformzeit bis zum Vertrag von Versailles 1807-1918; Teil IV: Vom Vertrag von Versailles bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1918-1945.

Buchbesprechungen dürften nicht ohne Kritik folgen. Als Anhang im Teil IV erscheinen unter dem Stichwort "Alltagskultur" einige Abschnitte zur Alltagsgeschichte der Landbevölkerung (Sprache und Mundart; Dorf und Flur; Haus und Hofanlagen; Volkskunst; Volkstracht; Sage, Märchen, Volkserzählung, Lied; Volksbrauch und anders mehr). Ganz abgeschlossen erscheinen uns die Aspekte jeden- falls nicht zu sein. Der masurische Regionalgeschichteforscher wird wohl noch aus den Kirchenbuch- quellen einiges ergänzen können, wenn genügend Informationen EDV-gestützt zur Verfügung stehen.

Zur Konzeption einer Historischen Einwohner-Datenbank für Preußisch Masuren

Ausgehend von den Grundüberlegungen über die Historischen Einwohner-Verzeichnisse (HEV) soll der Aufbau einer Historischen Einwohner-Datenbank (HED) kurz skizziert werden.

Um der Anforderung - Informationen, Heiratsregistern, Sterberegistern oder anderen Quellen eines Kirchspiels (einschließlich staatlicher Verwaltungsakten) in einer Datenbank zusammenzuführen - zu entsprechen, ist es erforderlich, eine Datenbankstruktur zu entwickeln, die die Besonderheiten der jeweiligen Quellen berücksichtigt. Manche Einträge enthalten nur Angaben zum Ereignis, zur Quelle und zum Probanden, andere wiederum auch Angaben zum Vater, zur Mutter usw. Es erscheint deshalb sinnvoll, die Daten auf unterschiedliche Tabellen (Dateien) zu verteilen. Den Kern bilden die Tabellen "Ereignis", "Quelle" und "Proband". Hierüber liegen für jeden Eintrag Informationen vor. Über "Vater", "Mutter", "Ehepartner" sind nur bei bestimmten Arten von Registern Einträge vorhanden (und dann auch nicht in jedem Fall!). Deshalb sollten diese Daten in separate Tabellen ausgelagert werden. Falls über Vater, Mutter und Ehepartner keine Informationen vorhanden sind, wird in diesem Tabellen auch nichts abgespeichert.

Alle bisher genannten Tabellen müssen aber über einen gemeinsamen Schlüsselbegriff miteinander verknüpft werden können. Da die GeAGNO quellenorientiert arbeitet, bietet sich hier ein Schlüsselbegriff an, der die Quelle mit einbezieht. Dieser Identifikationsschlüssel wird mit ID-Nr. bezeichnet. Sie setzt sich aus einer Quellenkurzbezeichnung und einer lfd. Nummer zusammen. Dadurch wird die notwendige Eindeutigkeit gewährleistet. - Die Struktur der Datenbank ist im folgenden abgebildet:

Unter den Tabellennamen (grau unterlegt) befinden sich die Felder (bzw. Attribute), aus denen ein Datensatz der Tabelle besteht. Die Pfeile weisen auf die Beziehungen zwischen den Tabellen hin. Durch diese Beziehungsstruktur lassen sich sämtliche Informationen, die zu einer IdentNr. in der Datenbank vorhanden sind, in einem Bericht bzw. Formular ausgeben.

Neben den bereits genannten Tabellen befinden sich in der Datenbank noch die Tabellen "Sortier-Nachname", "Sortier-Vorname", "Ortsname" und "Berufe". Die Tabellen mit den Sortiernamen enthalten Informationen über unterschiedliche Schreibweisen eines Namens. Sie wird von den Datenbankverwaltern ständig aktualisiert. Die Tabellen mit den Ortsnamen enthält zusätzliche Angaben zum Ort. Die Tabelle mit den "Sortiernamen" enthält noch Informationen zum Geschlecht, da bei manchen Vornamen Unklarheiten bestehen könnten (Männername oder Frauenname ?). Die Tabelle Berufe enthält die in den Quellen vorkommenden Berufe. Eventuell könnte hier noch ein zusätzliches Feld mit einer Erläuterung der Berufsbezeichnung eingefügt werden, da die Bedeutung einer Berufsbezeichnung nicht in jedem Fall als bekannt vorausgesetzt werden kann.

Nachfolgend werden zwei Beispiele aufgezeigt, wie "Eingabe-Masken" für den Anwender aussehen könnten, die auf der Grundlage der oben genannten Überlegungen konzipiert wurden. Während die HED in der Regel nur für die Datenbankanwender von Bedeutung ist, zeigt das zweite Beispiel eine Eingabemaske für die Übernahme von Daten aus einem Taufregister.

Die Struktur einer solchen Datenbank ist abhängig von den Informationen, die das vorliegende Taufregister enthält. Entscheidend wird sein, ob Angaben zu den Eltern oder nur zum Vater vorhanden und wie viele Paten aufgeführt sind. Manche Taufregister enthalten detaillierte Angaben zu den Paten (Beruf, Stand, Wohnort), in anderen sind die Paten lediglich namentlich erwähnt. Alle Überlegungen gelten entsprechend auch für ein Totenregister. Bei der Entwicklung der Datenbankstruktur ist hier neben den Angaben für den Ehepartner bzw. für die Eltern des Verstorbenen ein besonderes Augen- merk auf die Angaben zu den Hinterbliebenen zu legen.

Jeder Quellenbearbeiter, der mit dem Programm "ACCESS" arbeiten möchte, wird für seine zu bearbeitenden Quelle eine Datenbank erhalten, bestehend aus der Eingabemaske, Ortsnamen-Tabelle, der Nachnamen-Tabelle, der Vornamen-Tabelle und der Berufs-Tabelle. Alle mitgelieferten Tabellen wer- den durch den zuständigen Datenbankverwalter stets auf dem aktuellen Stand gehalten; Quellenbearbeiter brauchen sich hierum nicht zu kümmern. Die Eingabe der ID-Nr., die das verbindende Glied zu den unterschiedlichen Tabellen sein wird, erfolgt weitgehend automatisch. Sie wird durch den Datenbankverwalter aus der automatisch genierten Zählnummer und der Quellenbezeichnung zusammengesetzt. Auch um die ID-Nr. braucht sich der Quellenbearbeiter also nicht zu kümmern.

Anmerkung: Die Entwicklung sachangemessener Datenbanken verlief in den letzten Jahren bei Ortelsburg etwas schneller als bei Neidenburg. Herr Hennig hat es übernommen, alle Datenbankstrukturen der GeAGNO kritisch durchzugehen und Problemlösungen zu empfehlen. Ziel ist zunächst, die Datenbanken aus dem Kreis Neidenburg in eine HED_AGNO (Teil Nbg.) zu überführen. Hier sei ausdrücklich all jenen gedankt, die durch ihre "bienenfleißige Arbeit" den Aufbau einer solchen Datenbank ermöglichten. Wir werden alle genealogisch, heimatkundlich und sozialhistorisch Interessierte über den weiteren Fortschritt unserer Arbeit auf dem laufenden halten und ihnen Starthilfen gewähren.

Zur Auskunftstätigkeit

Die Nachfrage nach unseren Arbeitsergebnissen hat im vergangenen Jahr erheblich zugenommen. Mit der Veröffentlichung der beiden Bände zum Kirchspiel Fürstenwalde liegen nun bereits über 8.550 Seiten in Archiven und Bibliotheken vor. Unsere zentrale genealogische Datenbank, die schon mehrere hunderttausend personengeschichtliche Einträge aus Kirchenbüchern, staatlichen Verwaltungsakten, alten Zeitungen usw. enthält, ermöglicht in der Zusammenschau oft nicht mehr erhoffte Ergebnisse. Wir liefern Informationen nach unterschiedlichen Gesichtspunkten, wenn uns Namensträger mit den Orten, Ämtern, Berufen und Zeithinweisen benannt werden und ein freigemachter Rückumschlag mit Briefmarken als Aufwandsentschädigung beigelegt wird. Oft werden dabei unsere um 1978 bzw. um 1988 formulierten Thesen zur Mobilität der Bevölkerung bestätigt, nach denen häufig ganze Hofstellen verkauft, vertauscht oder einfach verlassen werden. Das Festhalten am eigenen Grund und Boden wurde wohl erst nach 1860 üblich. Wenig später setzen dann die neuzeitlichen Wanderungen ein.

KB-Filmkomplettierung durch die DZfG

Wie schon eingangs erwähnt, ließen sich die KB-Quellen für unsere Kirchspieleinheiten ergänzen, so daß wir in 15 Fällen ziemlich umfassend und in weiteren 12 teilweise recht aufschlußreich forschen können. Wir wurden von Frau Martina Wermes wie von Frau Renate Jude darauf aufmerksam gemacht, daß bei unserer Forschungsweise jüdische Personenstandsunterlagen nicht fehlen dürften. Grundsätzlich waren ja die jüdischen Menschen im Verhältnis zur übrigen Bevölkerung aufgrund fehlender Rechtsgrundlagen in ihren Lebensbedingungen benachteiligt, erst im 19. Jahrhundert begannen sie sich zu verbessern. Den Namensgesetzen um 1812 ging die Verleihung des Bürgerrechts voraus. Etwa seit dieser Zeit wurden Judenregister geführt in zweifacher Ausführung. Ein Exemplar war am Jahresende bei den jeweiligen Amtsgerichten zu hinterlegen. Ein Teil ist erhalten geblieben, so für die Regionen Allenstein, Angerrap, Angerburg, Bartenstein, Bischofsburg, Darkehmen, Gerdauen und Gilgenburg; im Ortsregister werden außerdem noch Barten, Insterburg, Königsberg, Nordenburg und Schippenbeil genannt. Daß es unter jüdischen Mitbürgern starke Fluktuationen gab, wissen wir. (Mehr hierzu s. GENEALOGIE. Deutsche Zeitschrift für Familienkunde, Hefte 1-2 sowie 3-4 / 1998).

Ausblick

Unser Dank für Mitarbeit sollte nicht fehlen. Diesmal ist besonders Frank Jork, Walter Mittelbach, Erhard Otto und Gerd Bruderek (Aweyden) zu danken. Dem edlen Beispiel "Spenden zur Veröffentlichung von Arbeitsergebnissen" folgten (wie zuvor bei Willenberg und Fürstenwalde) nun ein gebürtiger Jedwabnoer und eine gebürtige Muschakenerin mit einem höheren Betrag zu Weihnachten. Beide wollen hier namentlich unerwähnt bleiben. Zum Angebot von Jörg Langmann, uns versandfertige CD zur Verfügung zu stellen, wäre das nächste Mal mehr zu sagen. Wir hoffen sehr, daß sich bald Spender (innen) auch für die Einheiten NE13, NE06, und NE03 einfinden.

Uns ist seit Jahren bekannt, daß sich in vielen Tauf- und Heiratsregistern bei altpolnischen bzw. masurischen Familiennamen zahlreiche Vermerke zu Namensänderungen in der Zeit von 1890 bis 1940 gibt. In Gesprächen mit Betroffenen fanden wir heraus, daß es in vielen Fällen deswegen zu Familienstreitigkeiten kam. Wir bitten um bezeugte Kopien, die sich in privater Hand befinden und uns helfen würden, Fragen dieser Art zu beantworten. Unsere Anschriften sind ja hinreichend bekannt. Natürlich nehmen wir auch andere Urkunden oder Zeitzeugnisse gerne entgegen.

Bei Anfragen, u.a. auch zur Verwendung des Begriffs "Südostpreußen", wollte man wissen, ob uns die Problematik des "masowischen Namensvorkommens" im südlich benachbarten Nordost-Polen bis hin zur 1939 vorgenommenen Eingliederung des "Regierungsbezirks Zichenau" bekannt sei. Wir verweisen auf die regionalen Angaben im Wegweiser für Forschung nach Vorfahren, in dem der fragliche Begriff nicht vorkommt und daher wohl für Masuren zulässig ist. Leser aus den nordöstlichen ostpreußischen Kreisen fragten an, ob sie unsere Mitteilungen beliebig kopieren und weiterreichen dürfen. Neuerdings fanden sich auch im Kreis Gerdauen jüngere Forscher zusammen, die unseren Beispielen folgen möchten. Wir haben für alle zeitgemäß Forschenden unsere Konzeption präzisiert und sind bereit, auch ihnen - soweit es unsere Kräfte erlauben - Starthilfe zu leisten. Ein persönliches Kennenlernen könnte auf dem Genealogentag in Leipzig (10.-12.9.99) möglich sein (auch bei der DZfG !!).

Zu den Hinweisen in der Bienenfolge 7 soll in der nächsten Septemberfolge einiges gesagt werden. Hier nur noch dies: B.M. beabsichtigt, zwecks Quellenbeschaffung Mitte Juni zusammen mit Gerd Bruderek nach "Südostpreußen" zu fahren. - Mit Interesse sehen wir allen Rückmeldungen entgegen. Beste Grüße von

Martin Jend Martin Hennig Reinhard Kayss Bernhard Maxin


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