Die Masurische Biene

Mitteilungen der (genealogischen Arbeitsgemeinschaft Neidenburg und Ortelsburg zum Aufbau der Historischen Einwohner-Datenbank, koordiniert von B. Maxin M. Jend. 64342 Seeheim Malchen
Folge 2 / September 1996

An die Freunde der GeAGNO

Rückblick
In diesem Jahr führten wir unsere Archivreise nach Neidenburg/Nidzica mit dem Flugzeug von Köln! Bonn nach Ortelsburg-Szymany durch. Diese neue Möglichkeit ist sehr bequem, jedoch verhältnismäßig teuer und außerdem mit dem Nachteil verbunden, daß man in Masuren ohne ein Fahrzeug in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist. 
Doch wir hatten einen Forscherfreund in der Nähe, der uns mit seinem Auto einigemal dorthin fuhr, wo Wichtiges zu erledigen war. Bei den Arbeiten im Archiwum Panstwowe w Olsztynie - Außenstelle Neidenburg - konnten wir feststellen, daß allein für den Kreis Ortelsburg ca. 600 umfangreiche Schulakten vorhanden sind. 
In diesen Folianten sind ortsweise alle Vorgänge zu den einzelnen Schulen zwischen 1805 und 1900 recht aufschlußreich zusammengetragen. Die Akten (je ca. 500 Seiten) berichten nicht nur von Lehrern, Schul- und Neubauten, Einhaltung der Schulpflicht, sondern auch von vielen Vorgängen mit Angehörigen der Schulsozietät (etwa Elternbeirat). Die Listen der schulpflichtigen Kinder mit Angaben zu den Eltern, ihren Wirtschaftsverhältnissen und Nöten sind für uns eine hervorragende genealogische Quelle. Jeder Familienforscher, der Informationslücken ausfüllen will, wird daher ohne die Auswertung "seiner" Schulakte nicht auskommen. Ebenso aufschlußreich sind außerdem besonders Akten über die Veränderung der Besitzverhältnisse. Hier sind Angaben zu den Eigentümern (Käufer, Verkäufer, Erblasser, Erben) wertvolle genealogische Informationen.
Die Kosten einer solchen Archivreise werden auch von den Preissteigerungen in Polen beeinflußt. Besonders ärgerlich ist, daß am 15. August die Preise für Fotokopien um 100% erhöht wurden. Hier ist das Bestreben erkennbar, die immensen Kosten zur Erhaltung dieser Archivalien wenigstens teilweise über Gebühren wieder hereinzuholen. Weiterhin besteht die Beschränkung, daß pro Person und Archivbesuch nur bis zu 100 Fotokopien angefertigt werden dürfen Darüber wird im Archiv eine besonders penible Kontrolle ausgeübt, da anscheinend alle Kopieranträge genau registriert werden. Genealogische Quellen stehen auch in Polen unter besonderem Schutz und sind erheblich teurer, wenn sie nicht für wissenschaftliche Zwecke benutzt werden.

Fortschritte bei der Aufbauarbeit
Von den 200 Exemplaren unserer "Konzeptionsschrift GeAGNO-3 Masuren" stehen nur noch 12 zur Verfügung. Wir haben bisher viel Anerkennung, Zuspruch und auch einige neue Förderer gefunden. In Lüneburg, Leipzig und Berlin konnten inhaltliche Sachfragen vertieft und präzisiert werden. In Allenstein/Olsztyn bei Dr. G. Jasinski und seiner historisch und computertechnisch sehr kundigen Frau Margareta sowie in Friedrichshof/Rozogi bei Direktor Mgr. Zb. Kudrzycki wurden Gespräche zur Entstehung und Bedeutung "masurischer" Familiennamen geführt Das Ergebnis ist, daß B. Maxin sich künftig mehr dieser grenzlandbedingten Problematik, für die zwei prallgefüllte Literaturordner mit ersten Auswertungen bereits vorliegen, widmen wird. Zur Zeit untersuchen wir, ob wir die in der Literatur in gedruckter Form vorliegenden Namenlisten "scannen" und rechnergestützt in eine für diesen Zweck neu zu schaffende Datenbank überführen können.
Am 1. Juli wurde in Malchen im Beisein von Frau 1. Buchhorn, Dr. E. Bahlo, Dr. D. Flade, M. Jend und B. Maxin auch über zukünftige Perspektiven der im Aufbau befindlichen HED_AGNO gesprochen. Das Ergebnis war, daß ein solches Projekt nicht auf Dauer nur innerhalb unserer Arbeitsgemeinschaft weitergeführt werden kann. Wir müssen eine Institution finden, unter deren gutem Namen wir weiter an den Projekten tätig sein können Es ist beabsichtigt, mit dem Förderverein für Computer-Genealogie (Lünen/Westf.) Gespräche aufzunehmen und zu klären, ob wir als "Projektgruppe" - so wie wir es festgelegt haben und wie es sich langjährig bewährt hat - weiter an der HED_AGNO arbeiten können.
Der Ausbau der HED_AGNO macht Fortschritte: 
Anfragen, die uns in den letzten Monaten erreichten, zeigten wieder einmal, wie wenig die einzelnen Interessenten den mit der Beantwortung ihrer Nachfragen verbundenen Arbeitsaufwand einschätzen können. Die Möglichkeiten, sich Infos aus den Kreisblättern Neidenburg und Ortelsburg (insgesamt rund 110.000 Datensätze bei R. Kayss und H. Rayzik) geben zu lassen, um sinnvolle Forschungsansätze zu bekommen, bleiben hinter unseren Erwartungen zurück. Auch das Heft 3 ist nicht nur ein vorzeigbares Ergebnis unserer Tätigkeit, sondern eine Information zur Selbsthilfe.
Bei Überlegungen, wie mit Veröffentlichungen zu den KB Willenberg und Passenheim (zusammen 17 325 Datensätze auf 4 x 200 Seiten) vorzugehen ist, spielten die hohen Herstellungskosten eine große Rolle. Vertretbar sind einige wenige "Vorzeige-Exemplare". Manfred Dorsch, den wir in Neidenburg trafen, als er sich über die Quellenlage zu Alt Keykuth informierte, steuerte in einer Diskussion vor Ort (Wientzkowen) einen wertvollen Hinweis bei: "Man müßte die Schriften auf Diskette verschicken können." Das war die Idee! Wir können ohne große Mühen z. B. die 200 Seiten zu Willenberg in eine Text-Datei als ASCII-Zeichen auf eine Diskette kopieren. Jeder PC-Interessent kann dann wie in gewohnter Weise diese Datei weiter bearbeiten, d.h. er kann z.B. mit der Suchfunktion seiner Textverarbeitung bestimmte Namen aufsuchen, sie "ausschneiden" oder in eine andere Datei hineinkopieren. Nicht-PC-Benutzer können Auszüge ausgedruckt erhalten.
Festlegung der Systematik bei Erstellung von 8-stelligen Dateinamen
Für jeden wird es mit der zunehmenden Anzahl seiner Datenbanken schwieriger, sinnvolle "sprechende" Dateinamen zu kreieren, Daher erscheint es zweckmäßig, sich über eine einheitliche Systematik zur Bildung von Dateinamen Gedanken zu machen. Da in den Archiven, genealogischen Forschungsinstituten und Bibliotheken unterschiedliche Systeme zur Bildung der von ihnen verwendeten Signaturen / Buch-Nr. / Film-Nr. angewandt werden, können wir diese nicht übernehmen. Unsere Systematik wird den Koordinatoren als Anlage beigefügt.

Bestandsübersichten, Ortskodierungen, alphabetische Sortierung, Standesbezeichnungen u.a.m.
Für eine optimale Arbeit ist es unbedingt erforderlich, eine Bestandsübersicht aller für uns wichtigen und nutzbaren Quellen zu erarbeiten. Am Beginn eines solchen Projektes sollte die Auswertung bereits vorhandener Bestandsübersichten stehen (DZfG Leipzig, EZA Berlin, Mormonen u.a.), die oftmals nur in Bibliotheken genealogischer Vereine eingesehen werden können, und schließlich vorhandene "Findbücher" der Archive.
Die von der GeAGNO entwickelte Systematik zur Kodierung von Ortsnamen ging von den Belangen der GeAGNO aus, sie ist zeitbedingt und nicht allgemeingültig. Zu besprechen wäre daher, ob nicht durch Anwendung lagebestimmter Koordinaten eine Schnittstelle zu dem in der Entwicklung befindlichen Genealogischen Ortsverzeichnis (GOV) zu schaffen wäre (s. Gröber, R.: GOV, in: Computergenealogie, Heft 34, 5. 253-259).
Die von uns entwickelte Systematik zur Bildung von Ortskodierungen hat sich für unser Forschungsgebiet im wesentlichen bewährt. Schwierigkeiten treten aber bei namensgleichen Orten auf, weil bei der rechnergestützten Übernahme der Ortskodes falsche Ergebnisse auftreten können. Wir haben inzwischen schon mehrere Präzisierungen vorgenommen und ergänzen dazu auch neu auftretende Ortsnamen, die in älteren Quellen bzw. in Kirchenbüchern vorkommen.
Entscheidend für die alphabetische Sortierung sind die Behandlung der Leerstellen, die Verwendung von Sonderzeichen und die Groß- und Kleinschreibung. Wie die Leerstellen bei der maschinellen Sortierung am Anfang eingereiht werden, so werden die deutschen Umlaute bei dem Sortierprozeß weit hinten eingeordnet. Ähnliches gilt auch für die Verwendung von Groß- und Kleinbuchstaben sowie für das Adelsprädikat "von" (hinter Vornamen) Abhilfe erreichen wir, indem wir konsequent (ausgenommen Namen, die wegen der "Originalität" in der "Vorlage-Form" übernommen sind) alle deutschen Umlaute durch Doppelbuchstaben ersetzen Hierdurch beachten wir Regeln für den optimalen internationalen Datenaustausch.
Gespräche in letzter Zeit haben wieder gezeigt, wie wichtig die Angabe von Amts-, Berufs- und Standesbezeichnungen zur Kennzeichnung einer Person sind. Hinsichtlich künftiger statistischer Auswertungen zur sozialen Struktur der Bevölkerung sind normative Festlegungen zweckmäßig. Wir empfehlen als Grundlage für die Eingabe den Beitrag von K. v. Staßewski und R. Stein: "Was waren unsere Vorfahren9 . . Königsberg 1938 bzw. Hamburg 1971). Herr Erhard Otto hat inzwischen die Aufgabe übernommen, die in Masuren vorkommenden Bezeichnungen in eine Datenbank zu übertragen.

Weitere Vorschläge für Kodierungen sind:
* = Geburt, geboren, geboren in. ‚ ~ = Taufe, getauft am ... ; oo = Heirat, Eheschließung, Trauung bzw. verheiratet mit ‚ o/o = Scheidung, geschieden; Pat. = Pate, Taufpate, Taufpatin, Susceptor, susceptes, testes; Spon. = Verlobter, Verlobte, Sponsa, Sponsus, verlobt; Witw. = Witwer, Witwe, vidua, viduus, verwitweter, verwitwete; + Tod, verstorben, gestorben, gefallen, # = Beerdigung, Bestattung, beerdigt am ... bzw. in u.a.m.
Die Kodierungen können zusammen mit Familiennamen, Ortsnamen und Zeitangaben verwendet werden. Beispiel: * 28.02.1777 geboren am 28.02.1777; * Sendrowen geboren in Sendrowen; * Plewka = geborene Plewka. (Mehr zur Verwendung sinngemäßer Abkürzungen und Regeln siehe auch genealogische Literatur).
Wie Feldnamen durch die Kodes kürzer gehalten und Berufsangaben von Militärpersonen verwendet werden können, soll in der nächsten BIENE zur Sprache kommen. (Wer daran bereits arbeitet und unsere Empfehlungen unverzüglich haben möchte, schreibe bitte seinen Koordinator an).

Festlegung zur Übernahme von Quellen in Datenbanken
Bei Überlegungen, welche Inhalte zukünftige Veröffentlichungen der GeAGNO haben können, wurde uns wieder bewußt, welche Vielzahl großer und kleinster, aber genealogisch interessanter Quellen von uns zu bearbeiten sind. Man kann sich mitunter von der Menge der vor uns liegenden Quellen erschlagen fühlen. Zunehmend zeigt sich auch, daß zwar Kirchenbücher relativ einfach komplett in Datenbanken übernommen werden können, bei anderen genealogischen Quellen wie Steuerakten, Amtsrechnungen oder Vorgängen in Schulakten dies praktisch zu komplex wird. Solche Quellen eignen sich nicht so ohne weiteres für Familienforscher. Unser Vorschlag bedeutet Einschränkung bzw. Reduzierung der personenkundlich interessanten Teile auf ein Minimum der heimatgeschichtlich aufschlußreichen Inhalte. Dies sind Informationen, die wir in die historische Einwohner-Datenbank (HEDAGNO) aufnehmen wollen.
Damit ergibt sich automatisch für die GeAGNO das große Generalthema unserer zukünftigen Publikationen: Wir erarbeiten "Historische Einwohner-Verzeichnisse" (11EV). Grundlage für die 1{EV sind die in der HED_AGNO aus einer Vielzahl unterschiedlicher Quellen zusammengeführten personengeschichtlichen Informationen. Mit dieser Lösung zeichnet sich folgendes ab:
1. Wir vereinfachen, erleichtern und beschleunigen die Bearbeitung des Archivmaterials, indem wir uns auf die Übernahme personenkundlich aufschlußreicher Teile beschränken (d h wir übertragen von einer in einer Quelle aufgeführten Person ihre Vor- und Nachnamen, das Ereignis, den Ort, die Zeit und die genaue Quellenangabe). Alle anderen Angaben übergehen wir.
2. Die Erarbeitung der 11EV rückt die Person (noch stärker als bisher) in den Vordergrund. Wir publizieren nicht alle Quelleninhalte, sondern nur zu einer Person alle von uns ausgewerteten Quellen. Im 11EV werden zu einer Person alle Ereignisse zeitlich geordnet aufgeführt. Damit entsteht für die Person (abhängig von der Quellenlage) eine Darstellung ihres Lebensweges (und für den Forscher ein alphabetisches Familiennamenregister zum jeweiligen Kirchspiel).
3. Die näheren Angaben zu Quellen geben dem Heimat- und Familienforscher die Gelegenheit, unsere Angaben zu überprüfen und weitere ihm relevant erscheinende Informationen zu finden.


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